Mittwoch, 12. Januar 2011

Kapitel 4: Der Geburtstag – Autoscooter, Spekulatius, Lamm-Kebab & TV-Auftritt

Der Vorabend:
Die Familie ist das Zentrum des arabischen Lebens. Da saudische Familien selbst viele Kinder haben, gibt es im ganzen Land viele Kinderspielplätze und Vergnügungsparks. Wer mich jetzt schon eine Weile kennt, der weiß genau, dass ich total auf Achterbahnen und s.g. Thrill-Rides stehe - je höher, schneller und waghalsiger umso besser. Zu einem Ausflug in einen Vergnügungspark würde ich nie nein sagen, auch selbst wenn ich ein paar Stunden später schon in mein 24. Lebensjahr schreiten werde.
Der Franzose, namens Benoir, aus der Silvesternacht  nahm mich und George, ebenfalls Praktikant aus Dresden, mit zu seinem Lieblings-& Stamm-Vergnügungspark. Er selbst wohnt hier in Jeddah schon seit einem Jahr und kennt sich daher auch ziemlich gut aus. Ihr müsst ihn euch wie einen typischen Franzosen vorstellen: kleine Statur, ein im Vergleich zu seinem birnenförmigen Körper zu klein geratener Kopf, un-über-“h“-örbarer französischer Akzent, sehr überzeugt von seinem Charme und ein Gourmet durch und durch. Er ist Chocolaté und stellt seine eigens-kreierten Pralinen aus bester französischer Schokolade her. Ich durfte selbst schon in den Genuss seiner Kreationen kommen und würde mir am liebsten jeden Tag welche nach Hause liefern lassen, aber dann würde ich auch bald so einen wohlgeformten Kugelbauch wie er bekommen… Zurück zum Thema. Wir fuhren also in den Vergnügungspark. Es ist übrigens der einzige Ort wo man saudische Frauen legal „anbumsen“ kann. Ihr habt richtig gehört. Und wir haben das sogar mehrmals getan, weil es so viel Spaß gemacht hat– mit dem Autoscooter. Man sollte nur aufpassen dass die Burka nicht verrutscht!  Nach 10 Fahrten hatten wir dann doch irgendwann die Nase voll und haben noch die anderen Attraktionen auf Herz und Nieren geprüft. Ich sollte eher sagen, „ich“ habe kein Fahrgeschäft ausgelassen, weil meine Begleitung nicht so schwindelfrei war und sich vor der einen und anderen Attraktion gedrückt hat. In der Achterbahn saß ich ganz alleine und konnte die Fahrt von verschiedenen Positionen aus genießen, fast als würde ich in meiner eigenen Achterbahn sitzen. Ich war auch ganz beruhigt als ich ein TÜV-Schild am Eingang stehen sah. Gefährlicher als eine Autofahrt durch die Straßen Jeddah‘s konnte die Achterbahnfahrt sowieso nicht sein.

Montag, 3. Januar 2011

Kapitel 3: Die Parallelgesellschaft

Saudi-Arabien gehört zu den Ländern mit den wenigsten Feiertagen und  Laut islamischen Kalender schreiben wir das Jahr 1432. Das Wochenende ist deshalb nicht wie bei uns in Europa an Sams-/Sonntagen sondern Donnerstags und Freitags. Die abendliche Unterhaltung beschränkt sich in der Regel auf einen Besuch in einem Restaurant. Es gibt weder Kinos, Theater, Discos noch öffentliche Strände. Alkohol, Tanzen und organisierte öffentliche Begegnungen zwischen den Geschlechtern sind nicht gestattet. Das Autofahren ist für Frauen verboten…Wenn man all das liest, fühlt man sich als Europäer in die Steinzeit zurückversetzt und denkt man sei auf einem anderen Planeten gelandet. Aber auch diese so andersartig scheinende Welt ist ein Teil unser.  Es klingt fast so als hätte ich einen langweiligen Jahreswechsel gehabt. Aber auch die „jungen“ Saudis wollen Spaß haben und auf die Kacke hauen (Sex, Drugs and Rock’n’Roll ).  Also wo tut man das am besten wenn es das Gesetz eigentlich verbietet? - Entweder in den Eigenen-Vier-Wänden oder in den Internationalen Siedlungen. Ich lebe in solch einer Siedlung, wo ein anderes Leben stattfindet; abgeschottet von der Außenwelt. Es gibt zwei große Poolanlagen, Restaurants, ein Bowling- und Billardcenter und ein Fitnessstudio. Ich darf hier drin in Badehose rumlaufen. Frauen liegen in Bikinis am Pool, fahren den ganzen Tag lang, wenn ihnen langweilig ist, mit dem Auto in der Siedlung im Kreis und müssen keine Burka (schwarze Verschleierung) tragen. „Europäische Getränke“ werden in Eigenproduktion im Hinterstübchen hergestellt. Ich habe Silvester mit zwei anderen Praktikanten, einem Franzosen, einem Philippino und einem Saudi auf der Bowlingbahn  gefeiert. Um Mitternacht sind wir vor die Tür gegangen, haben mit alkoholfreien Bier angestoßen und die Kinder mit Konfettibomben, Schneespray und Luftschlangenspray beschossen. All diese Sachen hatte der Saudi extra zuvor besorgt. Selbst die Security hat sich wie ein kleines Kind gefreut und mitgemacht. Danach sind wir mit dem Auto durch die Siedlungsstraßen gecruist, haben die Musik laut aufgedreht und habe danach in einem Appartement weitergefeiert – Happy New Year to you all!

Kapitel 2: Erster Tag - Allah’s welcome gift

Die Ankunft eines Deutschen muss natürlich gebührend gefeiert und begossen werden. Und wie macht man das am besten wenn es keinen Alkohol gibt? Man lässt es so etwa eine Stunde lang in Strömen regnen und flutet sämtliche Straßen. In Saudi regnet es zwei bis drei Mal im Jahr und ich lass mir so ein Event natürlich nicht entgehen. Schaut euch einfach die Bilder an und staunt ;) 







P.S.: ich hab‘s überlebt =)